Hunde gelten als die besten und treuesten Freunde des Menschen. Dennoch werden viele nicht artgerecht gehalten, gequält oder leben auf der Straße. Ein schweres Schicksal hat auch Lucky, der nun zwar auf der Animal Sunshine Farm untergekommen ist, aber dringend ein neues Zuhause sucht.
„Das ist ein superfreundlicher Hund, der alles geduldig erträgt. Ein absoluter Hund zum Liebhaben und alle Mitarbeiter sind in ihn verliebt“, berichtet Kai Zöller, Vorsitzender des Tierschutzvereins Kindsbach. Auf der Animal Sunshine Farm in Kindsbach wird seit einigen Monaten ein besonders gebeutelter Mischlingshund umsorgt. Lucky kommt aus Bulgarien. Angeblich hatte er dort als junger, nicht ausgewachsener Hund einen Unfall, woraufhin man ihm eine Platte und neun Schrauben in den gebrochenen Oberschenkel implantiert hat. Sein eigentliches Martyrium beginnt jedoch erst nach seiner vermeintlichen Rettung aus dem Ausland.
Lucky versucht, sich sein Bein abzubeißen
Sein neuer Halter in Kaiserslautern ist mit der Zeit überfordert. Lucky leidet, hat starke Schmerzen, denn das Implantat hätte dem mittlerweile neunjährigen Rüden schon längst entfernt werden müssen. Aufgrund seines Wachstums entspricht es nicht mehr seiner Körpergröße, wodurch das linke Hinterbein verkürzt ist. Als sein Eigentümer bekundet, die seiner Einschätzung nach epileptischen Anfälle Luckys nicht mehr zu ertragen, holen die Tierretter der Animal Sunshine Farm Lucky für zwei Tage zu sich, um den Halter zu entlasten. Die Lage entspannt sich nicht, sodass schließlich das Veterinäramt eingreift, den Hund beschlagnahmt und beim Tierschutzverein in Kindsbach unterbringt. Dort wird Lucky per Video überwacht, um seinen „Anfällen“ auf den Grund zu gehen. Was sich den Tierrettern auf den Aufnahmen offenbart, ist eine Tragödie.
Lucky versucht aufgrund massiver, unerträglicher Schmerzen, sich nachts sein eigenes Bein abzubeißen. Eine eingehende tierärztliche Untersuchung ergibt, dass dies nichts mit Epilepsie zu tun hat, sondern mit dem veralteten Implantat im Oberschenkelknochen. Eine lokale Entzündung hat zur Eiterbildung geführt. Der Eiter sucht sich über Fistelkanäle seinen Weg nach außen. Um die überfällige Entfernung des Implantates durchzuführen, ist ein Abklingen der Entzündung unabdinglich. Eine Schmerztherapie und antibiotische Behandlung zeigen zunächst erste, kleine Erfolge.
In Quarantäne
Dann kommt ein weiterer Schock: Multiresistente Keime verhindern ein Abheilen der Fisteln. Da diese Keime eine Gefahr für Menschen und andere Tiere darstellen, muss Lucky in Quarantäne. Dort befindet er sich nun seit zwölf Wochen. Für den freundlichen Vierbeiner ist das eine zusätzliche Belastung, ist er doch von Artgenossen getrennt und darf nur von Menschen in Schutzanzügen besucht werden. „Lucky ist so dankbar gegenüber unseren Mitarbeitern und freut sich über deren Besuch. Er will einfach nur gestreichelt werden“, beschreibt Zöller die mehrmals am Tag stattfindenden Besuche, bei denen auch Wundspülungen durchgeführt werden. In Kombination mit regelmäßigen Arztbesuchen und Verabreichung von Medikamenten gehe es Lucky täglich besser.
Zöller, der in enger und guter Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt steht, beklagt die steigende Anzahl an Hunden, die im Tierheim landen – sei es durch Abgabe, Aussetzen oder Tierrettung. Mit 1300 Einsätzen komme der Verein mit seinen ehrenamtlichen Mitarbeitern dieses Jahr auf 30 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Mittlerweile seien davon 90 Prozent der Hunde aus dem Ausland. Die meisten seien krank und beispielsweise mit hochansteckenden Giardien infiziert. Die Hunde seien in der ersten Woche nach Ankunft scheinbar gesund, da sie vollgepumpt mit Antibiotika seien. Danach würden sich Krankheitszeichen wie Durchfall und Gewichtsabnahme zeigen. Zöllers Appell: „Bevor sich die Leute einen Hund anschaffen, sollen sie gründlich abwägen, ob sie sich dessen Haltung zeitlich und finanziell leisten können.“ Einen Hund bei Problemen abzugeben, sei keine Option. „Kinder gibt man ja auch nicht ab“, sagt der Tierretter.
Besseres Leben mit drei Beinen
Jennifer Schiwek vom Veterinäramt der Kreisverwaltung Kaiserslautern bestätigt die besorgniserregende Situation auf dem Tiermarkt und bei der Tierhaltung. Gerade zu Beginn der Corona-Pandemie hätten sich viele Leute Hunde oder Katzen angeschafft, für die sie nun keine Zeit oder Geld hätten. Den Trend, mit einem Mausklick im Internet einen Hund aus dem Ausland zu bestellen, bedauert die Abteilungsleiterin sehr. Auch wenn wohl die meisten dieser Käufer damit etwas vermeintlich Gutes tun wollten, führe dies nur zu einer weiteren Überlastung der ohnehin schon vollen Tierheime hierzulande. Denn oft sind die Halter mit den „Päckchen“, die ein Auslandshund an Erfahrungen und Krankheiten mitbringt, überfordert. „Dies ist nur eine Verlagerung des Problems“, meint Schiwek. Außerdem seien die Tiertransporte aus dem Ausland zwar gerade noch rechtskonform, aber nicht angenehm für die Tiere. Sinnvoller sei es, seriöse Auslandstierschutzorganisationen mit Futterspenden oder Geldspenden – etwa für Kastrationen – zu unterstützen.
Für Lucky wünscht sich Schiwek, dass die Operation bald durchgeführt werden kann. Die Einschläferung des Tieres komme ohne tierärztliche Indikation nicht in Frage. Maßgebend sei, dass man Lucky wieder ein Leben ohne Schmerzen ermöglichen kann. Durch die Amputation seines linken Hinterbeines werde er wieder ein gesunder Hund, der mit drei Beinen genauso herumtollen könne wie andere Hunde. Folgebehandlungen seien dann nicht mehr nötig. So habe der robuste, kniehohe Mischling noch einige schöne Jahre vor sich, wenn er endlich in einem guten, liebevollen Zuhause „ankommen“ darf, um seinen zukünftigen Halter mit seiner Freundlichkeit und Dankbarkeit zu beschenken.