Seit November sind die Tierarztkosten zum Teil immens
gestiegen. Welche Auswirkungen das auf Tierhalter und
Tierschutzvereine hat, erzählen Kai Zöller von der Animal
Sunshine Farm in Kindsbach, Katja Günther von Stubentiger in
Not in Trippstadt und Monika Daubermann von der Katzenhilfe
Kaiserslautern in Stelzenberg, eine Abteilung der Tierhilfe
Pfalz.
Das Haustier ist krank oder verletzt und muss behandelt werden. Da
hilft nur der Besuch beim Tierarzt. Doch dafür muss nun oft mehr
Geld hingelegt werden als vorher. Auch die sonstigen
Preissteigerung bereiten große Probleme. Das bemerken die
Tierschutzvereine im Landkreis.
Die Geldnot drückt. Wie sehr, das erlebt Kai Zöller, Vorsitzender des
Tierschutzvereins (TSV) Kindsbach, täglich. 20 bis 30 Anrufe von
Tierhaltern – hauptsächlich Hundebesitzer – erreichen sein Team
pro Tag. Wegen der zunehmenden Anzahl der Anfragen musste er
bereits den Telefondienst auf drei Personen ausweiten, ansonsten
wäre diese Flut nicht mehr zu bewältigen. Die Anrufer fragen an, ob
der Verein das Tier aufnehmen könne, sie erhoffen sich finanzielle
Unterstützung oder möchten, dass die Tierretter per
Telefonsprechstunde eine Diagnose stellen, um so die Kosten für den
Veterinär zu sparen. All diesen Anliegen erteilt Zöller eine Absage.
„Wir stellen keine Ferndiagnose und dürfen das ja auch gar nicht.“
Auch nimmt der TSV keine Tiere wegen Geldnot ihrer Besitzer auf
oder kann sie mit Zuwendungen unterstützen. „Unsere eigenen
finanziellen Mittel sind beschränkt.“
Völlig abgemagerte, angebliche Fundkatzen
Vor allem handele es sich um chronisch kranke und ältere Hunde,
berichtet der Vorsitzende. Das Team erreichen aber auch Anrufe
wegen völlig abgemagerter, angeblicher Fundkatzen. „Letztlich stellt
sich dann heraus, dass die Besitzer selbst angerufen haben“, erzählt
Zöller. Betroffen seien auch Reptilien und Schlangen, die ausgesetzt
werden, da sie auf Wärmelampen angewiesen sind, die die
Stromkosten in die Höhe treiben.
Dem Vorsitzenden ist bewusst, dass die Gesamtsituation mit
gestiegenen Lebenshaltungskosten und Tierarztgebühren ein zuvor
schon kleines Budget an den Rand des Möglichen bringen kann. Er
weiß von Tierhaltern, deren Wohnung gekündigt wurde und die
aufgrund ihrer Haustiere keine neue finden. Er hat durchaus
Verständnis dafür, wenn sich Halter entscheiden, lieber den
Kühlschrank aufzufüllen als Tierfutter zu kaufen. Oder wenn sie
versuchen, den vierbeinigen Patienten mit Hausmitteln zu
behandeln, statt den Tierarzt aufzusuchen und für teure
Medikamente zu bezahlen. Dabei weiß er aus Erfahrung, dass viele
Veterinäre ein krankes Tier behandeln und sich nach Absprache auf
eine Ratenzahlung einlassen.
„Schneide ihm die Kehle durch“
Wut und Frust hingegen kommen bei ihm auf, wenn Tierhalter Druck
ausüben. Einen Satz wie „Wenn das Tier nicht abgeholt wird, setze
ich es aus oder schneide ihm die Kehle durch“ hört er nicht selten.
Seine Entgegnung „Wir informieren die Polizei“ habe bislang immer
Wirkung gezeigt. Auch die zunehmenden Beschlagnahmungen des
Kreisveterinäramtes, mit dem der TSV kooperiert, wegen schlechter
Haltung und die erhöhte Anzahl der entlaufenen Hunde fordern den
Verein enorm. Letzteres führt er in erster Linie auf mangelnde
Erziehung und Beschäftigung mit dem Vierbeiner zurück. Dabei
bezieht er die sogenannten Corona-Hunde ein, die während der
Pandemie angeschafft wurden, jetzt aber mit der zurückkehrenden
Normalität eine Belastung bedeuten.
Helfen kann der TSV insofern, dass er eine Vermittlungshilfe für
Privatpersonen anbietet. Das bedeutet, dass ein Foto der Abgabetiere
mit der Telefonnummer der Eigentümer auf Facebook veröffentlicht
wird. Interessenten können sich daraufhin direkt mit den Tierhaltern
in Verbindung setzen. Zöller empfiehlt außerdem den Abschluss
einer Operationsversicherung für das Tier. Sie sei durch relativ kleine
Beiträge finanzierbar. Anders sieht es bei einer Krankenversicherung
aus. „Die muss man sich leisten können.“ Angesichts der vermehrten
Anfragen und Einsätze ist der TSV auf der Suche nach
ehrenamtlichen Helfern und neuen Mitgliedern, die den Verein aktiv
oder passiv unterstützen möchten. Spenden sind willkommen.
„Kommen nicht mehr über die Runden“
Höhere Kosten betreffen aber nicht nur Tierhalter, auch den TSV
Stubentiger in Not aus Trippstadt, der mit den Kollegen in
Kindsbach kooperiert, treffen die Preissteigerungen empfindlich. Das
betrifft nicht nur die Tierarztgebühren. Auch das Tierfutter und die
Heizkosten für die Katzenhäuser sind deutlich gestiegen.
Vorsitzende Katja Günther befürchtet, dass damit vielen
Tierschutzvereinen das Aus droht, zumal weniger Spenden eingehen.
„Wir überlegen selbst, wo wir einsparen können, möchten aber nicht
an Qualität verlieren. Das Überleben wird immer schwieriger“,
schildert sie die derzeitige Lage. Das Kastrieren, Impfen und Chippen
sei deutlich teurer geworden. Die Folge: Die Vermittlungsgebühr
musste erhöht werden.
Derzeit beherbergt der Verein zwölf Katzen. Nach einem Animal
Hording-Fall im vergangenen Jahr waren es kurzzeitig schon einmal
mehr als 70. Übers Jahr werden etwa 120 Katzen vermittelt. Günther
erreichen täglich Anrufe von Katzenbesitzern jeden Alters. „Sie
wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll, weil sie kein Geld mehr
für die Miete, für Futter oder den Tierarzt haben. Sie kommen
einfach nicht mehr über die Runden.“ Damit verbunden ist oft die
Bitte, das Tier aufzunehmen. „Wir haben eine Warteliste von zehn
bis 15 Katzen, die zu uns kommen, weil ihre Besitzer in finanzieller
Not sind oder ein Familienmitglied gestorben ist.“ Allerdings betont
die Vorsitzende: „Die Kosten für eine Operation oder tierärztliche
Behandlungen können wir nicht übernehmen.“ Sie rät bei jungen
Katzen – insbesondere wenn es sich um Freigänger handelt – auf
jeden Fall zu einer Vollschutzkrankenversicherung und zu einer
Operationsversicherung.
„Können nicht mehr so viele Tiere aufnehmen“
Günther berichtet von mehr ausgesetzten, fast verhungerten und
erfrorenen oder zurückgelassenen Katzen seit der zweiten
Jahreshälfte und um den Jahreswechsel. Inwieweit dies auf
Preiserhöhungen zurückzuführen ist, könne sie nicht beurteilen.
Aber der Verein sei auf Spenden angewiesen und versuche zu sparen,
wo immer dies möglich sei. Für die Vorsitzende steht fest: „Wir
stehen nicht auf der Kippe, aber wir müssen jeden Tag ums
Weitermachen kämpfen.“
Ganz ähnlich beschreibt Monika Daubermann von der Katzenhilfe
Kaiserslautern die Situation: „Wir können nicht mehr so viele Tiere
aufnehmen, wir können uns nur in einem gewissen Kostenrahmen
bewegen. Das gilt auch für die Tierbesitzer.“ Sie befürchtet, dass
aufgrund der allgemein gestiegenen Kosten eine schlimme Welle auf
die Katzen zurollt. „Sie leiden am meisten darunter.“
„Mir schwant Schlimmes“
Auch bei ihr schlagen Bitten von Tierhaltern auf, ob die Katzenhilfe
nicht beispielsweise die Kosten für eine Nierenoperation
übernehmen könne. „Wir können uns das nicht leisten“, hält
Daubermann fest. Dann werde ihr auch schon mal die Pistole auf die
Brust gesetzt, indem gedroht werde, den Patienten einschläfern zu
lassen. „Das zieht man nicht mit den Kleidern aus“, berichtet sie von
damit verbundenen psychischen Belastungen. Dennoch muss sie
berücksichtigen, dass die Anzahl der Plätze begrenzt ist, zumal sie
derzeit vier schwerkranke Pflegefälle versorgt, die eine sehr
kostenintensive Behandlung erfordern.
Einen Glücksfall sieht sie in dem Flohmarktladen in Schopp.
Unterschiedliche Artikel – beispielsweise aus Haushaltsauflösungen
–, die sonst auf dem Müll landen würden, werden hier verkauft. Mit
dem Erlös kann sie einen Teil der Kosten decken. Mit Sorge schaut
sie allerdings aufs Frühjahr. „Mir schwant Schlimmes“, sagt sie und
erwartet eine Kittenschwemme. Gab es zuvor schon zahlreiche
unkastrierte Katzen, geht sie davon aus, dass deren Anzahl weiter
steigen wird, weil ihre Eigentümer die Kastrationskosten nicht
bezahlen können.
Info:
Tierschutzverein Animal Sunshine Farm in Kindsbach,
Vorsitzender Kai Zöller, Telefon 0174 8158325, www.animalsunshine-farm.de
Tierschutzverein Stubentiger in Not in Trippstadt, Vorsitzende
Katja Günther, Telefon 0177 2360845, Internet: www.stubentigerin-not.de
Tierhilfe Pfalz, Vorsitzende Monika Daubermann, Telefon 0173
3409246, www.tierhilfe-pfalz.de
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